Saison 2010/11 – Eine Fusion, die spaltet
Der Sommer 2010 brachte große Veränderungen für den FC Crimmitschau.
Im Zuge des geplanten Zusammenschlusses mit der SG Traktor Neukirchen wechselten Torsten Hager, Rene Bendel, Andre Lenke, Daniel Winkler und Christian Klapper dorthin. Ronny Bachert schloss sich ihnen an.
Somit hatten außer Michael Lange, Ronny Danlowski, Christopher Abraham und Marcel Walther alle Stammspieler der 1. Mannschaft innerhalb eines Jahres den FCC verlassen, die meisten davon in Richtung Neukirchen. Neuer Trainer der Mannschaft wurde Frank Zorn. Folgerichtig hatte man es in der Kreisliga sehr schwer. Weil auch andere Teams eine schwache Saison spielten, konnte man am Anfang der Rückrunde sogar auf den Klassenerhalt hoffen. 9 Punkte Abzug wegen Schiedsrichterunterbestandes waren dann jedoch das Ende aller Hoffnungen. Der FCC stieg nach sechs Jahren Kreisliga wieder in die Kreisklasse ab.
Um die Hintergründe der angestrebten Fusion und ihr Scheitern zu verstehen, haben wir Jürgen Becker gebeten, seine Erinnerungen an diese Zeit wiederzugeben.
Jürgen Becker: Ich war 2009 Stellvertretender Vorsitzender des Vereins.
Damals hatte ich die Befürchtung, dass sich der Verein finanziell nicht mehr lange halten kann. Wir konnten jedes Jahr gerade so die laufenden Kosten decken, für Investitionen blieb nichts übrig.
Auch die Instandhaltung der Anlage bereitete uns große Probleme.
Allein die jährliche Aufbereitung des Schlackeplatzes bedeutete jedes Jahr einen enormen Aufwand.
Zu der Zeit hatte die Gemeinde Neukirchen der dortigen Fußballabteilung einen neuen Kunstrasenplatz zur Verfügung gestellt, mit dem in Frankenhausen noch nicht gerechnet werden konnte. Außerdem war sportlich für uns der Zenit erreicht. Vielleicht wäre mit der damaligen Mannschaft ein Aufstieg möglich gewesen, aber mittelfristig wäre die Kreisliga unser Maximum gewesen.
Aus diesen beiden Gründen nahm ich Kontakt zu Michael Hula auf, dem damaligen Vorsitzenden der SG Traktor Neukirchen. Dieser war der Idee gegenüber sehr aufgeschlossen.
Es kam zu einigen Besprechungen, an denen auch die Bürgermeister der beiden Kommunen teilnahmen und für den Falle einer Fusion finanzielle Unterstützung in Aussicht stellten.
Die Vereinigung sollte wie folgt aussehen: Der neue Verein würde SpVgg Crimmitschau/Neukirchen heißen. Die Spiele aller Großfeldmannschaften sollten in Neukirchen stattfinden, die Spiele der Kleinfeldmannschaften in Frankenhausen.
Im Sommer 2010 wollte ich dann ein Zeichen setzen, um die Pläne voranzutreiben. In dieser Saison wurde im Zuge der Kreisreform die Kreisoberliga vorbereitet, für die sich die besten Mannschaften der beiden Kreisligen qualifizierten. Dort sollte unser neuer Verein natürlich dabei sein. Deshalb sprach ich wichtige Spieler der 1. Mannschaft an, ob sie sich einen Wechsel nach Neukirchen vorstellen konnten. So wechselten vor der Saison 2009/10 sechs Spieler der 1. Mannschaft nach Neukirchen, im Austausch schloss sich die 2. Mannschaft der SGN unserem Verein an.
An dieser Stelle erlebte ich die erste große Enttäuschung. Nachdem die Wechsel vollzogen waren, nahm der Vorstand der Neukirchener auf einmal Abstand vom Gedanken des Zusammenschlusses. Die Betreibung der Anlage in Frankenhausen sei zu teuer, bei einem Zusammenschluss würde deshalb nur in Neukirchen gespielt werden. Im Nachhinein sehe ich es als meinen größten Fehler an, mich auf die mündlichen Zusagen der verantwortlichen Neukirchener verlassen zu haben.
Nichtsdestotrotz wollten wir die Fusion vorantreiben. Dafür mussten wir uns das Einverständnis unserer Mitglieder einholen. Im November 2010 sollten deshalb zeitgleich in Frankenhausen und Neukirchen Mitgliederversammlungen stattfinden. Der Vorstand der SGN hatte ihre jedoch kurzfristig verschoben, sodass nun alle auf die Versammlung des FCC blickten. In den Monaten zuvor hatten viele das Vorhaben unterstützt und ich rechnete daher mit einem positiven Ergebnis. Doch die Stimmen derer, die gegen das Vorhaben waren, wurden immer lauter. So kam es nach einer wilden Abstimmung zu einem recht klaren Votum: Die Mitglieder lehnen eine Vereinigung mit Neukirchen ab.
Somit war die Entscheidung getroffen und Traktor musste seine Versammlung gar nicht erst durchführen. Nach unserem „Nein“ meldeten sich dann auch die Neukirchener Spieler von unserem Verein ab, wodurch wir unsere 2. Mannschaft aus dem laufenden Spielbetrieb zurückziehen mussten. Unsere Spieler kehrten bis auf Torsten Hager, der in der Rückrunde für den FCC auflief, nicht mehr zurück, sondern spielten auch in der kommenden Saison für Neukirchen in der Kreisoberliga, in welche sie aufgestiegen waren.
FCC: Hast du vielleicht unterschätzt, wie sehr sich viele Mitglieder mit dem Verein, seiner Heimstätte, seinen Farben, seinen Traditionen identifizieren?
Becker: Ja, für mich spielte und spielt das nicht so eine große Rolle. Ich hatte wohl einen rationaleren Blick auf den Verein und wollte, dass der Fußball in Crimmitschau eine gesunde und erfolgreiche Zukunft hat. Unter welchem Namen, wo und in welchen Farben, erschien mir dabei zweitrangig.
FCC: Würdest du heute immer noch für einen solchen Zusammenschluss plädieren?
Becker: Auf keinen Fall in der Form. Neukirchen hat die Situation damals ausgenutzt, um für sich das Beste herauszuholen. Michael Hula, mit dem ich den Zusammenschluss initiiert habe, hat sich dafür noch entschuldigt, er sei vom eigenen Vorstand überstimmt worden.
Aber der FC Crimmitschau hat sich auch weiterentwickelt. Der Kunstrasen wertet die Anlage deutlich auf und erleichtert ihre Instandhaltung. Personell ist Kontinuität in den Vorstand eingezogen. Und ich habe den Eindruck, dass der Verein enger zusammengewachsen ist. Früher spielten persönliche Eitelkeiten eine größere Rolle, heute arbeiten die Mitglieder im Sinne des Vereins zusammen.
FCC: Danke für deine ausführlichen und interessanten Einblicke in diese spannende und schwierige Zeit!
Erstellt für den FC Crimmitschau von: Sebastian Simon